Notdienst in der Apotheke: Steuerfreie „SFN-Zuschläge“ nutzen

Nahezu jede Apotheke ist früher oder später mit dem Notdienst dran. Das Problem ist: Die Arbeit fällt auch an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht an, weshalb Mitarbeiter meist ungern den Notdienst übernehmen. Doch hier kann der Apotheker nachbessern und die Arbeitsmoral steigern. Er kann nämlich nach § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfreie Zuschläge auszahlen, die oft auch sozialversicherungsfrei sind.

 
Ein Kreuz mittig beinhaltet Regalbretter, auf denen sich Medikamente befinden. Zwei männliche Figuren befinden sich jeweils links und rechts vom Kreuz
 

Höchstbeträge für steuerfreie Zuschläge

Möchte der Apotheker für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit steuerfreie Zuschläge („SFN-Zuschläge“) zahlen oder ist er hierzu aufgrund eines Arbeitsvertrags verpflichtet, dann hat er die in § 3b EStG verankerten Grenzwerte zu beachten. Die Höhe der maximal steuerfreien Zuschläge richtet sich nämlich danach, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten der Mitarbeiter seine Tätigkeiten erbracht hat. Die so ausgerichteten Zuschlagssätze in Form eines Prozentsatzes beziehen sich dann wiederum auf den mit dem Mitarbeiter vereinbarten Grundlohn:

BEISPIEL
Eine Apotheke muss am 25.12.23 den Notdienst übernehmen. In der Zeit von 08:00 Uhr bis 16:30 Uhr wird die Mitarbeiterin M in der Apotheke tätig. Nach dem Abzug von Pausen verbleiben ihr acht Arbeitsstunden. Der arbeitsvertraglich vereinbarte Grundlohn von M beträgt pro Stunde 18 Euro.

LÖSUNG
Neben dem Grundlohn von 144 Euro (8 Stunden × 18 Euro) kann der Apotheker M einen steuer- und beitragsfreien Zuschlag von bis zu 216 Euro zahlen (144 Euro × 150 Prozent). Diesen Höchstbetrag muss er jedoch nicht leisten, sofern er hierzu arbeitsvertraglich nicht verpflichtet ist. Er kann auch einen geringeren oder überhaupt keinen Zuschlag zahlen.

Beachten Sie: Die Steuerbefreiung gilt nur, wenn die Vergütung zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt wird. Andernfalls handelt es sich nicht um einen „Zuschlag“.

Arbeitszeit/ArbeitstagGrundlage in § 3b EStGZuschlag (in % vom Grundlohn)
Nachtarbeit von 20:00 Uhr bis 06:00 UhrAbs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 225%
Nachtarbeit in der Zeit von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr, wenn die Nachtarbeit vor 00:00 Uhr aufgenommen wurdeAbs. 3 Nr. 140%
Sonntagsarbeit von 00:00 Uhr bis 24:00 UhrAbs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 350%
Nachtarbeit von 00:00 Uhr bis Nachtarbeit vor 00:00 Uhr auf 04:00 Uhr an einem Montag, wenn die genommen wurdeAbs. 3 Nr. 250%
Arbeit an den gesetzlichen Feiertagen von 00:00 Uhr bis 24:00 UhrAbs. 1 Nr. 3125%
Nachtarbeit von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr an einem auf einen Feiertag folgenden Tag, wenn die Nachtarbeit vor 00:00 Uhr aufgenommen wurdeAbs. 3 Nr. 2125%
Arbeit am 24.12. von 00:00 Uhr bis 14:00 UhrAbs. 1 Nr. 3125%
Arbeit am 24.12. von 14:00 Uhr bis 24:00 Uhr und Arbeit am 25.12., 26.12. und 01.05. von jeweils 00:00 Uhr bis 24:00 UhAbs. 1 Nr. 4150%

Kombination der Zuschlagssätze

An manchen Tagen überschneiden sich die steuerfreien Zuschläge und es stellt sich die Frage, welcher der Zuschlagssätze maßgebend ist oder ob sogar beide Zuschläge parallel steuerfrei gezahlt werden können. Zunächst ist zu beachten, dass bei Sonn- und Feiertagsarbeit nur der jeweils höhere Zuschlag gilt und die Zuschläge nicht parallel gezahlt werden können (R 3b Abs. 4 Lohnsteuerrichtlinie [LStR]).

BEISPIEL
Eine PTA arbeitet am Sonntag, den 24.12.23 von 08:00 Uhr bis 13:00 Uhr.

LÖSUNG
Die PTA kann einen steuerfreien Zuschlag von bis zu 125 Prozent des Grundlohns erhalten. Daneben kann kein weiterer steuerfreier Zuschlag für Sonntagsarbeit (50 Prozent) geleistet werden.

Anders sieht es jedoch aus, wenn Arbeiten an einem Sonn- oder Feiertag in der Nacht geleistet werden. In diesem Fall honoriert der Gesetzgeber die Tätigkeit besonders und erlaubt es dem Apotheker, sowohl einen steuerfreien Zuschlag für Sonn- oder Feiertagsarbeit als auch den steuerfreien Zuschlag für Nachtarbeit zu zahlen (R 3b Abs. 3 LStR). Im Idealfall ist damit Folgendes möglich:

BEISPIEL

Eine PTA muss in der Nacht vom 24.12.23 auf den 25.12.23 arbeiten (22:00 Uhr bis 04:00 Uhr). Ihr Grundlohn beträgt 18 Euro.

LÖSUNG
Neben dem Grundlohn für sechs Stunden in Höhe von 108 Euro kann die PTA Zuschläge für Feiertagsarbeit in Höhe von bis zu 162 Euro (150 Prozent) steuerfrei erhalten. Zusätzlich kann ihr ein Nachtzuschlag von bis zu 37,80 Euro (25 Prozent von 22:00 Uhr bis 00:00 Uhr, 40 Prozent von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr) gewährt werden. Der Zuschlag kann somit insgesamt 199,80 Euro betragen.

Nur tatsächlich geleistete Arbeit ist begünstigt

§ 3b EStG sieht vor, dass nur tatsächlich geleistete Arbeit steuerlich begünstigt ist. Deshalb hat der Apotheker die tatsächlich geleistete Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit im Einzelfall nachzuweisen. Die Dokumentation kann z. B. mittels der Stundenaufzeichnungen der Mitarbeiter erfolgen. Ohne eine Aufzeichnung der tatsächlich zu den begünstigten Zeiten geleisteten Arbeits­stunden bleiben die Zuschläge steuerpflichtig, selbst wenn die Tätigkeit üb­licherweise an einem Sonn­- oder Feiertag bzw. in der Nacht verrichtet wird. 

Grundlohn als Ausgangsbasis für den Zuschlag

Um die Höhe der steuerfreien Zuschläge nach § 3b EStG ermitteln zu können, ist – wie beschrieben – auf den Grundlohn abzustellen. Der Grundlohn ist gemäß § 3b Abs. 2 S. 1 EStG der laufende Arbeitslohn, der dem Mitarbeiter bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohn­zahlungszeitraum zusteht – bezogen auf die jeweilige Arbeitsstunde. Soweit es sich nicht um einen Stundenlohn handelt, ist der vereinbarte Lohn zur Ermittlung der Zuschläge in einen Stundenlohn umzurechnen. Bei einem pauschalen Monatslohn ist dieser folglich durch die mit dem Faktor 4,35 ver­vielfältigte regelmäßige Wochenarbeitszeit zu teilen (R 3b Abs. 2 Nr. 3 LStR). Zu dem Grundlohn gehört aber nicht nur der Stunden-­ oder Monatslohn, son­dern auch der Anspruch auf Sachbezüge, Aufwendungszuschüsse sowie ver­mögenswirksame Leistungen, wenn diese steuerpflichtigen laufenden Arbeits­lohn darstellen (R 3b Abs. 2 Nr. 1 b) LStR).

BEACHTEN SIE
Nicht zum Grundlohn gehören Ansprüche auf Vergütungen für Überstunden (Mehrarbeitsvergütungen), Zuschläge für Sonntags-­, Feier­tags-­ oder Nachtarbeit und nach § 40 EStG pauschal besteuerte Bezüge. Zu­dem sieht § 3b Abs. 2 S. 1 EStG vor, dass als Grundlohn höchstens 50 Euro die Stunde anzusetzen sind. Übersteigende Beträge bleiben bei der Zuschlags­ermittlung unberücksichtigt.

Steuerfrei – aber die Sozialversicherungen rechnen anders

Grundsätzlich folgt das sozialversicherungsrechtliche Arbeitsentgelt dem Steuerrecht. Handelt es sich um steuerfreie Zahlungen, so besteht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HS 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) in den aller­meisten Fällen auch eine Sozialversicherungsfreiheit. Mitarbeiter und Apo­theker sparen doppelt: einerseits Steuern, andererseits Sozialabgaben. Bei Zuschlägen für Sonntags­-, Feiertags-­ oder Nachtarbeit muss hier allerdings differenziert werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HS 2 SvEV gilt die Steuerbefreiung nach § 3b EStG für das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt nämlich nur insoweit, wie der für die Berechnung zugrunde gelegte Grundlohn 25 Euro die Stunde nicht übersteigt.

BEISPIEL
Ein angestellter Apotheker erhält einen Grundlohn von 30 Euro die Stunde und leistet im Rahmen des Notdienstes Sonntagsarbeit. Er erhält dafür einen steuer­freien Zuschlag von 15 Euro pro Stunde (50 Prozent).

LÖSUNG
Der Zuschlag von 15 Euro ist zwar steuerfrei, unterliegt jedoch zum Teil den Sozialabgaben. Eine Beitragsfreiheit besteht nur in Höhe von 12,50 Euro (25 Euro Höchstbetrag × 50 Prozent). Der restliche Betrag von 2,50 Euro je Stunde ist dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt hinzuzurechnen.

 
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