Outsourcing bei Apotheken: Wo ein Wille ist, ist nicht immer ein (rechtlicher) Weg

Es gibt viele Gründe,warum eine Apotheke Tätigkeiten auslagern möchte: Wer sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren möchte, will sich beispielsweise nicht mit Marketingfragen auseinandersetzen müssen. Vielleicht ist es auch das Ziel der Apotheke, ihr Angebot zu erweitern, z. B. Heimen verblisterte Arzneimittel anzubieten und sich hierfür der Hilfe von Blisterzentren zu bedienen. Allerdings gibt es rechtliche Grenzen für das Outsourcing von Apotheken: Das Apothekengesetz (ApoG) und die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geben ein Regelungsregime vor.

 
Zwei männliche Figuren überreichen sich einen Stab wie beim Staffellauf und befinden sich jeweils in einem Computerbildschirm
 

Für Apotheken ausdrücklich geregeltes Outsourcing

In Apotheken wird Outsourcing bereits praktiziert – und zwar in Bereichen, die der Gesetzgeber selbst vorgezeichnet hat, wie z. B. der Rezeptabrechnung. Hier dürfen Apotheken nach § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen Rechenzentren in Anspruch nehmen. Daneben gibt es eine Reihe weiterer, ausdrücklich geregelter Fallgestaltungen – und das, obwohl § 1 ApoG zusammen mit weiteren Vorgaben der ApBetrO das Arzneimittelversorgungsmonopol an die Institution der Vor-Ort-Apotheke als Anlaufpunkt bindet:

  • Apotheken erledigen die Prüfung von Ausgangsstoffen nach § 11 ApBetrO i. d. R. zwar selbst – aber sie kann unter der Verantwortung des Apothekenleiters auch an einen Herstellungsbetrieb oder eine andere Apotheke ausgelagert werden. Die praktische Relevanz dieser Option ist allerdings eher überschaubar.

  • § 8 ApBetrO sieht die Möglichkeit vor, die Prüfung von Defekturen an Dritte auszulagern. Hier ist die praktische Relevanz schon größer.

  • Von durchaus praktischer Bedeutung ist die Möglichkeit in § 11 Abs. 3 und Abs. 4 ApoG, wonach eine öffentliche Apotheke die Herstellung von Zytostatika-Lösungen durch Dritte vornehmen lassen kann.

  • Gemäß § 17 Abs. 1b ApBetrO sind automatisierte Ausgabestationen zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln nur dann zulässig, wenn sie sich innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke befinden, einen Zugriff von außen für den Empfänger ermöglichen, sofern eine Ausgabe außerhalb der Betriebszeiten dieser Apotheke vorgesehen ist, und erst durch Personal dieser Apotheke bestückt werden, nachdem

    • die Bestellung des Arzneimittels oder der Arzneimittel bei dieser Apotheke erfolgt ist,

    • bereits eine Beratung, die auch im Wege der Telekommunikation durch diese Apotheke erfolgen kann, stattgefunden hat und

    • bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht gemäß § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) unterliegen, die Verschreibung im Original gemäß den Dokumentationspflichten nach den Absätzen 5 und 6 geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist.

Da die Einlagerung von Arzneimitteln in den Automaten den entscheidenden Schritt vor der Abholung durch den Patienten darstellt, darf sie nur durch pharmazeutisches Personal oder durch das in § 3 Abs. 5a S. 1 ApBetrO genannte nicht pharmazeutische Personal (Apothekenhelfer, Apothekenfacharbeiter, PKA, PKA-Auszubildende) unter Aufsicht ausgeführt werden. Bei jeder Einlagerung muss das Kürzel des verantwortlichen pharmazeutischen Mitarbeiters protokolliert werden.

Allgemeine apothekenrechtliche Grundsätze

Wenn Outsourcing nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, kommen die allgemeinen apothekenrechtlichen Grundsätze zum Tragen, wie etwa die strafrechtlichen Verschwiegenheitspflichten. Ein Apotheker, dem ein fremdes Geheimnis anvertraut wurde, darf dieses nämlich nicht unbefugt weitergeben. Das gilt auch für „mitwirkende Personen“ bei Apothekentätigkeiten oder für Datenschutzbeauftragte. Wenn etwa ein Drittunternehmen im IT-Bereich für eine Apotheke tätig wird, muss eine schriftliche Verpflichtungserklärung abgegeben werden: Der Dritte muss aufgeklärt sein, dass er Geheimnisträger ist und dass es strafrechtliche Konsequenzen hat, wenn er Geheimnisse weitergibt. Daneben sind folgende Grundsätze zu beachten:

  • Besonders wichtig ist es, den apothekenrechtlichen Grundsatz in § 7 ApoG zu berücksichtigen, der den Apothekenleiter zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet. Diese Norm enthält keine ausdrückliche Einschränkung für eine Zusammenarbeit mit Dritten, doch aus ihr lässt sich ableiten, dass der Erlaubnisinhaber alle wesentlichen Betriebsvorgänge selbst bestimmen, steuern und überwachen muss.

  • Pharmazeutische Tätigkeiten dürfen grundsätzlich nicht aus der Hand gegeben werden. Weiterhin dürfen nach § 8 ApoG keine Vereinbarungen mit Partnern getroffen werden, bei denen eine Vergütung vorgesehen ist, die sich am Gewinn oder am Umsatz der Apotheke orientiert.

  • Unbestritten ist, dass Dienstleistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arzneimittelabgabe stehen, von Apotheken ausgelagert werden dürfen, wie z. B. Marketingtätigkeiten und sonstige betriebswirtschaftliche Aktivitäten oder Vertragsverhandlungen mit Lieferanten, Krankenkassen, Logistikunternehmen und Dienstleistern.

Outsourcing in der Apotheke kann viele Gesichter haben

Ein viel diskutiertes Thema ist das Outsourcing des Botendiensts. Die entsprechende Änderung des § 17 Abs. 2 ApBetrO trat schon am 22.10.2019 in Kraft. Seitdem ist der Botendienst nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt. Anders als beim Versand erfolgt die Auslieferung beim Botendienst durch „Boten der Apotheke“. Sie unterliegen den Weisungen des Apothekenleiters. Dies unterscheidet sie grundlegend von den Mitarbeitern von Paketdiensten und soll eine Abgrenzung zum Versandhandel darstellen. So ist es auch in der Begründung zur Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung zu lesen: „[Unter Botendienst] ist die Zustellung durch Personal der Apotheke oder auch externes Personal, das der Weisungshoheit der Apothekenleitung untersteht, zu verstehen. Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei der Zustellung durch nicht durchgehend weisungsgebundene beauftragte externe Dienstleister um Versandhandel.“ Fraglich ist, ob der Bote zwingend bei der jeweiligen Apotheke angestellt sein muss.

PRAXISTIPP
Wer rechtssicher vorgehen will, für den empfiehlt es sich, den Boten lieber anzustellen oder sich eine Versandhandelserlaubnis erteilen zu lassen, um dann unproblematisch auf Fremdpersonal zurückgreifen zu können.

Heiß diskutiert wurde auch darüber, dass im Apothekenbereich kein Raum für ein Outsourcing auf freie Mitarbeiter sei. Hier ist es längst gang und gäbe, z. B. einen besonders qualifizierten Apotheker (etwa einen verrenteten Krankenhausapotheker) stunden-/tageweise für den wöchentlichen oder monatlichen Tag der Medikationsanalyse in der Apotheke oder im Heim anzustellen.

Wer telepharmazeutisch tätig werden will, benötigt einen „virtuellen Arbeitsplatz“ – also einen Bereich, in dem das Team digital mit den Kunden kommunizieren kann. Fraglich ist, ob dieser in den Apothekenbetriebsräumen eingerichtet werden muss oder ob das Personal „outgesourct“ werden darf ins eigene Zuhause, um aus dem Homeoffice via Telekommunikation zu beraten. Dem Patienten soll auch digital ein individueller und geschützter Raum für die Beratung angeboten werden. Im Einzelfall kann es erforderlich sein, insbesondere § 5 S. 1 Nr. 2 ApBetrO bei der Gestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes zu berücksichtigen: Demnach sollten Mitarbeiter im Homeoffice mit denjenigen wissenschaftlichen Hilfsmitteln ausgestattet werden, die sie zur Information und Beratung der Kunden über Arzneimittel benötigen.

Weiterhin haben sich die Gerichte bereits mit zahlreichen Varianten des Outsourcings im Zusammenhang mit Filialapotheken beschäftigt:

  • So entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit Beschluss vom 21.02.2017 (Az. 13 LA 187/16, AH 05/2017, Seite 15), dass Rezepturen innerhalb eines Filialverbunds schwerpunktmäßig in einer Filialapotheke hergestellt und dann der Hauptapotheke bzw. den Filialen überlassen werden dürfen.

  • Eine Konzentration und Übertragung des Notdienstes auf eine Apotheke im Filialverbund ist hingegen laut Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 26.5.2011, Az. 3 C 21.10 und 3 C 22.10) nicht erlaubt. Betriebliche und wirtschaftliche Gründe reichten hier für ein Verlagerungsbegehren nicht aus.

FAZIT
Jede Apothekenleitung sollte sorgfältig abwägen, wenn es um das in vielen Aspekten mögliche Outsourcing geht, damit dieses nicht zum rechtlichen Bumerang wird.

 
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