Apothekenübertragung ohne Kopfschmerzen ‒ Steuerliche Aspekte
Der Kauf bzw. Verkauf einer Apotheke gehört für alle Apotheker zu den wirtschaftlich wichtigsten Ereignissen ihres Berufslebens, bei dem zahlreiche Aspekte zu betrachten sind. Dazu gehören die Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises sowie die steuerlich und vertraglich optimale Gestaltung. Wir geben Ihnen in einer Beitragsreihe Antworten auf die wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang. Teil 1 geht der Frage nach, wie eine Apotheke möglichst steueroptimal verkauft bzw. innerhalb der Familie übertragen werden kann.
Grundlegende Fragen und Überlegungen
Es ist wichtig, mit einer ausreichenden Zeitplanung an die Apothekenübertragung heranzugehen. Empfehlenswert ist ein Zeitraum von rund drei Jahren vor dem gewünschten Übertragungsstichtag. In diesem Zeitrahmen sollten folgende Aspekte geklärt werden:
Wie ist der Wert der Apotheke?
Welche Laufzeiten haben bestehende Verträge?
Wo soll ein geeigneter Nachfolger gesucht werden? Gibt es diesen in der Familie oder braucht es eine externe Lösung?
Reicht der Nettowert des Restvermögens zum Ende der beruflichen Laufbahn für die Altersvorsorge aus?
Sind in den letzten Jahren noch Investitionen für die Apotheke vorzunehmen, um den Betrieb wettbewerbsfähig zu halten?
Können an der Kostenstruktur der Apotheke noch kurz- oder mittelfristig Verbesserungen erfolgen?
Welche Form der Apothekenübertragung soll gewählt werden? Grundsätzlich bestehen drei verschiedene Möglichkeiten:
Verkauf (entgeltliche Übertragung)
Schenkung (unentgeltliche Übertragung)
Gemischte Schenkung
(teilentgeltliche Übertragung)
Verkauf (entgeltliche Übertragung)
Die entgeltliche Übertragung stellt die häufigste Übertragungsart bei Apotheken dar und steht steuerlich dem Verkauf der Apotheke zum Marktwert gleich. Der Gesetzgeber stellt für diesen Fall bestimmte Vergünstigungen in Aussicht, die für die Nachfolgegestaltung von Relevanz sind. Voraussetzung dafür ist, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder in das Privatvermögen überführt werden. Nur damit lässt sich der Betrieb vom Übernehmer in unveränderter Weise fortführen. Ebenso ist es erforderlich, dass der Veräußerer die zuvor in diesem Betrieb geleistete Tätigkeit endgültig einstellt.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, der Verkäufer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist, kann er in den Genuss des „halben Steuersatzes“ kommen. Der Veräußerungsgewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer, da dieser keinen laufenden Gewinn darstellt. Den halben Steuersatz (= 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes) bekommt der Steuerpflichtige jedoch nur einmal in seinem Leben. Der Abzug eines zusätzlichen Freibetrags von bis zu 45.000 Euro ist möglich, sofern der Veräußerungsgewinn unter 181.000 Euro liegt (§ 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz [EStG]).
Beispiel: Vorteil des „halben Steuersatzes“ | ||
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Einnahmen aus Verkauf | 800.000 € | 800.000 € |
Veräußerungskosten | ‒ 10.000 € | ‒ 10.000 € |
Buchwert des Betriebsvermögens | ‒ 200.000 € | ‒ 200.000 € |
Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG | 0 € | 0 € |
Steuerpflichtige Einnahmen | 590.000 € | 590.000 € |
Anzuwendender Steuersatz | 45 % | 45 % |
Ermäßigter Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 EStG | 25,2 % | - |
Steueraufwand | 148.680 € | 265.500 € |
Liquidität nach Steuern | 651.320 € | 534.500 € |
Steuerersparnis | 116.820 € | - |
Steuerliches Ziel des Käufers ist es, den Kaufpreis und die erwerbsbedingten Kosten möglichst zügig geltend machen zu können. Der Firmenwert ist steuerlich über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren linear abzuschreiben. Die bei dem Kauf zu übernehmende Einrichtung ist in Höhe ihrer Anschaffungskosten nicht im Jahr der Anschaffung voll abzugsfähig, sondern ebenfalls über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Diese beträgt in der Praxis regelmäßig acht Jahre.
Praxistipp
Unter dem Gesichtspunkt der Steueroptimierung ist es vorteilhaft, der Apothekeneinrichtung einen hohen Wertanteil am Kaufpreis zuzumessen, da das jährliche Abschreibungsvolumen höher ist als beim Firmenwert.
Unentgeltliche Übertragung
Die unentgeltliche Übertragung im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge geschieht typischerweise durch die sogenannte Schenkung unter Lebenden. Eine Apothekennachfolge, die voll unentgeltlich erfolgt, stellt einen steuerbaren Vorgang i. S. d. § 1 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) dar. Steuerliche Folgen sind demnach zu beachten, da der Gesetzgeber die Schenkung unter Lebenden ‒ d. h. die Übertragung einer Apotheke ohne jegliche Gegenleistung ‒ einer Erbschaft grundsätzlich gleichgestellt hat.
Besteuerungsgrundlage bei der Schenkungssteuer ist der steuerliche Erwerb. Die einzelnen Vermögensgegenstände werden mit dem Wert angesetzt, der sich für diese nach dem Bewertungsgesetz (BewG) ergibt. Die Bewertung aller Vermögensarten orientiert sich einheitlich an einem gemeinen Wert, dem sogenannten Verkehrswert. Ebenso muss bei der unentgeltlichen Übertragung der Verkehrswert der Apotheke als Besteuerungsgrundlage herangezogen werden. Das BewG sieht verschiedene Bewertungshierarchien und Methoden vor. Gemäß § 11 Abs. 2 BewG gibt es das vereinfachte Ertragswertverfahren (der Finanzverwaltung) oder die Marktmethoden. Das im Gesetz verankerte Ertragswertverfahren ergibt i. d. R. einen wesentlich höheren Wert als den Verkehrswert. Daher ist es sinnvoll, den realistischen Marktwert durch einen Gutachter gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen.
Unterstellt man, dass sich laut Marktmethode ein realistischer Wert von rund 1 Mio. Euro ergibt, entsteht eine Differenz von 951.634 Euro zu der Bewertung des Finanzamts.
Aktuell genießt die Übertragung von Betriebsvermögen (Apotheken) deutliche Begünstigungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, nämlich
den Verschonungsabschlag von 85 Prozent (Regelverschonung) bzw. 100 Prozent (Optionsverschonung), Behaltensfristen und Lohnsummenregel sind dabei zu beachten, sowie
den Abschmelzbetrag von bis zu 150.000 Euro.
Beispiel: vereinfachtes Ertragswertverfahren | |||
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Werte in Euro | 2015 | 2016 | 2017 |
Jahresüberschuss laut | 225.000 | 235.000 | 245.000 |
Gewinn- und Verlustrechnung | |||
+ tatsächliche Ertragsteuern | 34.386 | 36.101 | 37.816 |
+/‒ außerordentliches Ergebnis | ‒10.000 | 10.000 | 5.000 |
‒ kalkulatorischer Unternehmerlohn | ‒70.000 | ‒70.000 | ‒70.000 |
Betriebsergebnis | 179.386 | 211.101 | 217.816 |
vor Steuern | ‒53.816 | ‒63.330 | ‒65.345 |
Pauschale Steuern (30 Prozent) | 125.570 | 147.771 | 152.471 |
Betriebsergebnisnach Steuern | 425.812/3 = 141.937 | ||
Durchschnittliches Betriebsergebnis | 13,75 | ||
Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG) Apothekenwert (Finanzamt-Methode) | 1.951.634 |
Beispiel: Regelverschonung und Abschmelzbetrag | |
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Wert der Apotheke (begünstigtes Vermögen) | 1.000.000 € |
Verschonungsabschlag § 13a Abs. 1 ErbStG | ‒850.000 € |
Zwischensumme | 150.00€ |
Abschmelzbetrag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG | ‒150.000 € |
Bereicherung des Erwerbers | 0€ |
Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (maximal 400.000 Euro) | 0€ |
Steuerpflichtiger Erwerb | 0€ |
Festzusetzende Steuer | 0€ |
Die Schenkung einer Apotheke im Wert von rund 1 Mio. Euro kann gemäß ErbStG zur Festsetzung einer Steuer von 0 Euro führen. Für die Begünstigung gibt es jedoch gewisse Voraussetzungen. Die Lohnsummenfrist darf bei der Regelverschonung innerhalb von 5 Jahren (Optionsverschonung: 7 Jahre)
bei mehr als 15 Beschäftigten 400 Prozent
(700 Prozent)bei mehr als 10, aber nicht mehr als 15
Beschäftigen 300 Prozent (565 Prozent)bei mehr als 5, aber nicht mehr als 10
Beschäftigen 250 Prozent (500 Prozent)
der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten (Mindestlohnsumme, § 13a Abs. 3, 10 ErbStG). Im Betriebsvermögen enthaltenes Verwaltungsvermögen ist grundsätzlich nicht von der Steuerbefreiung umfasst, da es als nicht produktiv angesehen wird. Falls das Brutto-Verwaltungsvermögen mindestens 90 Prozent des Betriebsvermögens ausmacht, wird die Steuerbefreiung insgesamt versagt (Verwaltungsvermögenstest, § 13b Abs. 4 ErbStG).
Teilentgeltliche Übertragung
Soll die Apotheke zu einem begünstigten Preis, jedoch nicht vollkommen unentgeltlich übertragen werden, so bietet sich die teilentgeltliche Übertragung durch gemischte Schenkung an. Bei den Apotheken ist es häufig so, dass lediglich das Warenlager gezahlt und das Restvermögen geschenkt wird. Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn für die Übertragung eine gewisse Gegenleistung erfolgt. Hierbei ist der Erwerb in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten. Der entgeltliche Erwerb führt beim Erwerber zu einer Anschaffung in Höhe des Entgelts, das er steuerlich berücksichtigen kann. Da Betriebsvermögen veräußert wird, kann beim Verkäufer bzw. Abgeber ein steuerlicher Veräußerungsgewinn entstehen. Das Einkommensteuerrecht kennt für den Veräußerer zwei unterschiedliche Fälle:
Ist die Gegenleistung nicht höher als der Buchwert des zu übertragenden Betriebsvermögens, liegt eine unentgeltliche Übertragung ohne Besteuerungsfolgen vor.
Sofern die Gegenleistung die Buchwerte des Betriebsvermögens übersteigt, liegt beim Schenker ein einkommensteuerlicher Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG vor.
Merke
Bei der Wahl einer gemischten Schenkung ist genau darauf zu achten, welches Ergebnis gewollt wird.
I. d. R. strebt man auch hier eine unentgeltliche einkommensteuerliche Übertragung an.
Bei der Schenkungssteuer sind die gleichen Regelungen wie bei der unentgeltlichen Übertragung zu beachten, der Wert der Gegenleistung wird aber in Abzug gebracht.
Fazit
Welche der Übertragungen gewählt wird, hängt von steuerlichen, aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten ab und sollte mit dem Steuerberater genau abgestimmt werden. Außerhalb der Familie wird i. d. R. immer die entgeltliche Übertragung gewählt. Innerhalb der Familie kann es sinnvoll sein, eine Apotheke durch die erhebliche Begünstigung im Rahmen des ErbStG un- oder teilentgeltlich zu übertragen.